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„Führung ist kollaborativer geworden“
Wer Innovation vorantreiben will, muss schnell sein. Zügig darin, neues Fachwissen zu erlernen und Entscheidungen zu treffen. Beides trifft auf Patricia Neumann zu. Die Betriebswirtin lenkt die Geschicke von Siemens am heimischen Standort. Das Technologie-Umfeld ist der Managerin nicht fremd, blickt sie doch auf eine 28-jährige Karriere bei IBM zurück. Davon hat sie 14 Jahre im Ausland verbracht; war in Deutschland, London und Mailand tätig. „Im internationalen Konzern musst du dich rausbewegen, um andere Märkte kennen und bedienen zu lernen. Außerdem war mein Interesse groß.“
Groß war auch ihre Begeisterung, andere Kulturen kennenzulernen. Notwendig sei dafür aber auch der Mut, „es nicht immer allen recht zu machen. Wenn man weggeht, lässt man auch immer etwas zurück.“ Für die persönliche Entwicklung sei Entscheidungskompetenz jedoch unerlässlich. So auch, dass die „Pros“ auf der Liste signifikant überwiegen.
Schritte zur Spitze
Einen großen Schritt gesetzt hat sie bei ihrem letzten Wechsel von IBM an die Spitze der Siemens. In ihrer neuen Funktion ist sie direkt für 3100 Mitarbeitende, über die Regionalgesellschaft Österreich im Siemens-Konzern für 26 Länder und insgesamt 29.600 Beschäftigte, zuständig. Führungsverantwortung hat die 2024 zur WU-Managerin des Jahres Ausgezeichnete bereits mit rund 30 Jahren. „Ich wollte immer mitgestalten. Und die Chance ergreifen, Menschen mitzuentwickeln. Das löst Dankbarkeit und Stolz aus.“
Themen wie Digitalisierung, Elektrifizierung, Cybersecurity und Nachhaltigkeit sind bei Siemens zentral. „Wir sind alle mit KI konfrontiert und sollten wissen: Wie entsteht ein Algorithmus und was ist mit Bias gemeint?“ Der Technologieriese zeichne sich in der KI-Nutzung als Vorreiter aus. Mittels Industrial Copilot, eines KI-gestützten Assistenten, kann Visualisierung generiert und Codes für speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) entwickelt werden. „Dadurch reduziert sich der Arbeitsaufwand erheblich.“ Doch die Digitalisierung bringt nicht nur Vorteile, sondern auch die Belastung der ständigen Erreichbarkeit und dauernden Unterbrechung mit sich. „Wir hatten zuletzt einen Schwerpunkt zu Mental Health. Mit dem Ziel, Mitarbeitende dabei zu unterstützen, privates und berufliches Wohlbefinden zu fördern.“
Auch die Stärken der Einzelnen gilt es zu fördern, weshalb Aus- und Weiterbildung im Konzern über alle Positionen und Abteilungen möglich seien. Digitale Lernmodule werden jedem zur Verfügung gestellt. „Es vergeht keine Woche, in der ich nicht etwas Neues lerne“, so die 53-Jährige. Diese Möglichkeiten und die Art, ein Team zu führen, haben sich seit Beginn ihrer Karriere stark verändert. „Führung ist transparenter, agiler, kollaborativer und niederschwelliger geworden.“ Eine Veränderung, die sie befürwortet. Wenngleich es eine klare Abgrenzung im Organigramm braucht. „Ich pflege den Austausch zu jedem.“
Wettbewerbsfähigkeit stärken
Hierzulande seien rund 600 Mitarbeitende damit beauftragt, die Forschung und Entwicklung voranzutreiben. „Das macht den Standort wertvoll und wettbewerbsfähig. Auch, um urbanen Lebensraum energiesparend aufzustellen.“ Oder auch, um sich hochkomplexen Aufgaben zu widmen, etwa die „Digitalisierung eines Elektrizitätsnetzwerks zu beherrschen“.
Wenn das gelingt und sie Menschen begleiten, ihnen Orientierung geben kann, sieht sie eine ihrer Führungskompetenzen gefragt. Ob Fach- oder Führungskraft noch getrennt werden kann? „Es braucht beides. Die reine Fachkraft ohne Führung gibt es nicht mehr. Forschung passiert in einem Ecosystem. Früher gab es vielleicht Kunde und Lieferant; heute entsteht alles im Verbund mit anderen Disziplinen.“ Und auch umgekehrt: Führung ohne Technik sei unvorstellbar.